Vor sechzig Jahren trifft der Jurastudent und Beatles-Fan Peter Handke, der unbedingt Schriftsteller werden will, im Forum Stadtpark in Graz endlich auf Gleichgesinnte: junge avantgardistische Autoren, die angetreten sind, die österreichische Literatur experimentell zu erneuern. In diesem kreativen Biotop entwickelt er sein erstes Theaterstück, eine polemische wie ironische Absage an die Konventionen der bürgerlichen Theaterästhetik: die „Beat-Oper“ Publikumsbeschimpfung. Der Suhrkamp Verlag druckt den Text, die Uraufführung 1966 wird ein Sensationserfolg und für den Autor beginnt eine Weltkarriere, die bis zum Literaturnobelpreis führt. Das „Kind seiner Zeit“, welches Handke durch sein Werk geworden war, hatte den Nerv der Zeit getroffen.
Und heute? Neue politische Debatten und Interessengruppen treiben das Theater oftmals vor sich her, ökonomische Zwänge schränken die Kunstfreiheit auch in den liberalsten Gesellschaften sichtbar ein und der die Institution Theater stützende bürgerliche Wertekonsens ist längst obsolet. Viele Theaterschaffende sind elementar verunsichert und rätseln über die Adressaten ihrer Kunst: Draußen im Parkett lauert die „schwarze Bestie“ Publikum, „ein Loch (…), das sich widersetzt, gefüllt zu werden.“ (Gerald Raunig)
Publikumsbeschimpfung ist ein Abend über die Kraft und Autonomie des Theaters, das sich in einem gemeinsamen Raum stetig neu schreibt: in einem kumulativen Prozess des Zuschauens und Aufführens – ein lebendiges Nachdenken über die Gegenwart in der Gegenwärtigkeit, in der spontanen Begegnung von Spielen und Nicht-Spielen. Mit dem Ende der Vorstellung beginnt der offene Dialog.
„Unsere besten Stücke sind nie aufgenommen worden.“ (John Lennon)