Die Mausefalle

“Wer bin ich? Sie wissen es nicht. Wo komme ich her? Sie wissen es nicht. Ich, der Mann, der aus der Kälte kam, hahaa!”

Ein Satz, der mir auch Monate nach der letzten Vorstellung immer noch im Kopf geblieben ist, lässt mich auf mein erstes Stück am Theater an der Rott in der Spielzeit 2023/2024 zurückblicken.
Die Mausefalle von Agatha Christie ist wohl eines ihrer bekanntesten Stücke und das am längsten ununterbrochen aufgeführte Theaterstück der Welt! Das Stück wurde seit dem 25. November 1952 kontinuierlich (jeden Tag!) aufgeführt. Einzig und allein die Pandemie (März 2020 bis Mai 2021) brach diese Vorstellungsreihe. Und dieses Kult-Stück gab es nun am Theater an der Rott.

Die Mausefalle folgt dem klassischen „whodunit“-Prinzip, also dem „Wer hat es getan“-Prinzip. In diesem steht bis zum Ende nicht fest, wer die Morde begangen hat, da jeder zu einem gewissen Zeitpunkt verdächtigt wird. Ganz am Ende wird der Fall geklärt und der wahre Täter enthüllt.

Molly Ralston (Katharina Heißenhuber) erbt das Monkswell Manor, ein altes Herrenhaus, welches sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Giles Ralston (Stefan Wunder) zu einer Pension eröffnet. Es melden sich auch einige Gäste an, darunter Christopher Wren (Eduard Zhukov), ein junger Mann, der Architektur studiert und immer ein bisschen zwischen unheimlich und verspielt wandelt. Mrs. Boyle (Yvonne Köstler), die als äußerst kritische und strenge Persönlichkeit auftritt und direkt zu Beginn das Haus und Molly scharf kritisiert. Auch Major Metcalf (Norman Stehr), ein ehemaliger Militär, der sich sehr entschlossen und ruhig verhält, wird zum Gast in dem Manor. Miss Casewell (Laura Puscheck), eine junge Frau, männlichen Typs, die sich unabhängig und selbstbewusst verhält, ist die Letzte der angekündigten Gäste. Doch als unangekündigter Gast – von dem auch das Zitat zu Beginn stammt – kommt Paravicini (Bonko Karadjov) an, ein äußerst skurriler Mann, der in italienischem Dialekt spricht.
Die Leute erfahren von einem Mord in der Culver Street 24, einem Zettel, der den nächsten Mord in der Monkswell Manor verortet und einem Sergeant Trotter (Martin Dreiling), der diesbezüglich in dem Manor ermitteln wird. Durch den Schneesturm bricht auch noch die Telefonleitung zusammen und das Manor ist von der Außenwelt abgeschnitten.
Plötzlich, eine weitere Leiche und noch eine soll folgen. Schnell wird klar: Der Mörder muss einer von ihnen sein. Jeder verdächtigt jeden und das Chaos ist komplett. Ob der Täter gefasst werden kann, oder ein weiterer Mord passiert? Das bleibt abzuwarten.

Für mich, die ich Hospitanz für das Stück gemacht habe, wird die Mausefalle immer einen besonderen Platz im Herzen halten. Neben einem fantastischen Ensemble, das den Personen in Monkswell Manor richtig Herz und Hirn verliehen hat, gab auch unsere Regisseurin Elke Maria Schwab-Lohr alles für die Ausführung der Produktion. Solche Mühen wurden auch belohnt, denn die Mausefalle wurde für die Bayerischen Theatertage 2024 eingeladen! (Vorstellung im Theater Ingolstadt am 9. Juni 2024) Eine Einladung, über die wir uns unglaublich freuen.

Doch natürlich sind für so ein Stück nicht nur Schauspieler nötig, sondern auch ein komplettes Team an Ausstattung, Bühnenbild, Maske, Kostüm und Ankleide.
Für das Bühnenbild, entworfen von Florian Angerer, einem oft mitwirkenden Ausstatter, gab die Werkstatt bereits Ende der letztjährigen Spielzeit ihr Bestes, um die Idee von Florian auf die Bühne zu bringen. Für mich ist auch das Bühnenbild das erste Objekt, das mir direkt hängengeblieben ist. So konnte ich in der Werkstatt für einen kurzen Moment mein Können beim groben Abschleifen der Hauswandränder beweisen (für die Festanstellung in der Werkstatt hat es dann aber doch noch nicht ganz gereicht).
Auch die Kostüme, die einen direkt in die 50er Jahre zurückversetzen, spielen in das sorgfältig kreierte Ambiente der Monkswell Manor hinein.

Jeder Probenstart beginnt mit der Lese- und Konzeptionsprobe. In dieser wird einmal das Konzept, also das Bühnenbild und die dazugehörigen Kostüme vom jeweiligen Ausstatter (in diesem Fall Florian Angerer) vorgestellt, sowie den einzelnen Gewerken ihre Aufgaben zugeteilt. Danach folgt das Lesen des Stückes, bei dem die Schauspieler*innen bereits einmal den Charakteren ihre Stimmen verleihen und das ganze Team ein Gefühl für das Stück bekommt.
Während der ersten Proben, wurde sich zunächst tiefer mit den Charakteren und deren Motiven auseinandergesetzt. Auch die zwischenmenschlichen Beziehungen zueinander und die Entwicklung und die Gedanken der Figuren waren Teil dieses Prozesses. Dadurch konnten die Schauspieler ihren Rollen mehr Tiefe und Dynamik verleihen, sodass das Stück mit seinen Charakteren die Spannung erhält, die solch ein Krimi definitiv braucht.

Das Proben eines solchen Theaterstücks braucht seine Zeit, so wurden die 6 Wochen Probezeit fleißig genutzt. Manche Stellen und Textpassagen wurden dabei so oft wiederholt, dass ich sie am Ende mitsprechen konnte und sie sogar bis jetzt, einige Monate später, immer noch Teil meines alltäglichen Vokabulars sind.
Doch auch während der Proben gab es für die Regieassistenz einiges zu tun. So ist eine der wichtigsten Aufgaben, den Überblick über die Requisiten und die Kostüme zu behalten und bei Fragen Rede und Antwort zu stehen. Gleichzeitig müssen alle Entscheidungen und Fragen mit den verschiedenen Gewerken abgesprochen werden, was auch einiges an Organisation und Kommunikationsfähigkeit abverlangt. Zeitgleich wurden Texte souffliert, Audios per Handy eingespielt und die Positionen der Schauspieler mitgeschrieben.

Nach einigen Wochen ging es dann für die Produktion von der Probebühne ins große Haus, also endlich auf die richtige Bühne. Direkt ein ganz anderes Gefühl.
Während nun also die Schauspieler ihre Texte und Szenen auf der großen Bühne einüben konnten, ging es für das Team hinter der Bühne mit den Beleuchtungsproben los. Dabei standen Jenni und ich als Lichtdoubles zur Verfügung. Das bedeutet, wir stellen die Positionen der Schauspieler nach, damit das Licht für jede Situation passend eingerichtet werden kann und man als Zuschauer auch von jeder Position aus alles gut erkennen kann. Dabei kam es ganz schnell dazu, dass ich auf einmal Mörder und Ermordete zugleich wurde.

Doch auch der Schneesturm, der vor den Türen von Monkswell Manor herrscht, hieß für die Leute hinter der Bühne nicht gerade Freude. So bestand meine größte Aufgabe darin, auch während der Pause die Villa vom Schnee zu befreien. Schneeschippen will geübt sein…
Zeitgleich wurde ich direkt in meine erste wichtige Aufgabe als Regieassistenz eingewiesen: die Pausendurchsagen für das Ensemble, so wie das Gongen. Nach anfänglichen Stressanfällen, die dieses Gerät, an dem die Durchsagen gemacht werden, mit sich brachte, hatte ich mich daran gewöhnt und konnte die Durchsagen ohne weitere Probleme hinter mich bringen. (Es ist eigentlich nicht so kompliziert: es gibt einen Knopf für die Durchsage durchs ganze Haus und einen Knopf für die Gongs, aber dazu ein andermal mehr.) So war ich nun in den Pausen dafür zuständig, die Schauspieler pünktlich zurück auf die Bühne zu holen und gleichzeitig die Zuschauer rechtzeitig zurück in den Zuschauerraum zu rufen.
Auch während der Vorstellung hatte ich meine Finger im Spiel, so nahm ich die Requisiten entgegen, die nach der jeweiligen Szene als abgespielt galten und sonst weiter auf der Bühne gestört hätten. (Im Vergleich zu nachfolgenden Produktionen war diese Aufgabe eher weniger umfangreich)

Eines meiner persönlichen Highlights dieser Produktion war die Premiere. Es war die erste Premiere der Spielzeit 2023/2024, so wie zugleich meine allererste Premiere überhaupt. Da wusste ich gar nicht, was mich erwartet. Die Schauspieler hatten das Haus liebevoll in eine neue Version der Monkswell Manor umdekoriert. So gab es neben Beschriftungen und Wegweisern auch Süßigkeiten- und Obstteller. Auch Premierengeschenke in Verbindung mit Mäusen und Insidern aus dem Stück waren Teil dieser Premiere. (Sogar eine voll-funktionsfähige Mausefalle, die auch prompt zugeschnappt hat, wenn man sich das Geschenk nehmen wollte). Aber auch die Vorstellung verlief perfekt, so hatten das komplette Team hinter und vor der Bühne durchgehend Spaß und gute Laune (auch wenn natürlich ein bisschen Anspannung dabei war), was am Ende auch für einen gelungenen Theaterabend sorgte. So auch die Kritik und die Reaktionen. Ein voller Erfolg.

Auch die nachfolgenden Vorstellungen, die alle durchweg ausverkauft waren, sorgten für viele weitere spannende Abende. Dabei war die Stimmung innerhalb des Ensembles und den Leuten hinter der Bühne so gut, dass auch vor, während und nach den Vorstellungen die gute Laune und das gegenseitige Motivieren immer Programm waren. Natürlich passiert es auch, dass nicht jede Vorstellung reibungslos verläuft. So gab es während einer Vorführung in einer geplanten Pause des Dialogs einen lauten Nieser, der vom Publikum zuerst mit Lachen und danach sogar mit Applaus begleitet wurde. Diese Situation war selbst für die geübten Schauspieler auf der Bühne schwierig zu ertragen, sodass sich keiner das Grinsen so ganz verkneifen konnte. An einem anderen Abend passierte es, dass die Radiodurchsage – die einen über den Mord in der Culver Street aufklärte – an einer ungeplanten Stelle zu spielen begann und einer der Schauspieler spielerisch diese Situation nun in das Stück einbaute. Solche Situationen gehören aber auch zum Schönen am Theater, so ist jeder Abend, jede Vorstellung einzigartig und eine Kunst für sich.

Doch eine Sache können wir jetzt auch hier nicht verraten: Die Identität des Mörders aus der Culver Street. Ja, wer diese Morde begangen haben könnte, bleibt für viele wohl doch noch ein Geheimnis. Doch wem nun die Lust auf das Stück gekommen ist, kann sich am 06.06.2024 in der Zusatzvorstellung am Theater an der Rott selbst von der Spannung und der Frage nach dem Mörder überzeugen.

So ging die erste Produktion, an der ich mitwirken durfte, dem Ende zu. Umso mehr freut es mich, dass die Mausefalle nochmals aufgeführt wird (hier in Eggenfelden, aber auch in Ingolstadt auf einer deutlich größeren Bühne). Die Mausefalle hielt direkt zu Beginn einige Herausforderungen für mich inne, doch dabei war ich nicht auf mich allein gestellt. So hat Aurelia (die offizielle Regieassistenz am Haus) mir anfänglich die auf mich zukommenden Aufgaben Schritt für Schritt erklärt und mich fortlaufend in diese eingewiesen.
Dadurch konnten nachfolgende Regieassistenzen für mich mit ein bisschen mehr Plan verlaufen, oder?..

Ob ich (oder auch Jenni) unsere Regieassistenzen erfolgreich meistern können, das erfahrt ihr in den nächsten Beiträgen, bis dann!

Anni